Sektor IV

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Liebe Stadionbrache

30. November 2018, 22:40

Als Gegner. So seht ihr uns also. Na gut, man kanns euch ja nicht verübeln. Tomaten und Bio-Eier sind in Gefahr, da kann man sich schon mal in der Wortwahl vergreifen. Oder im falschen Ordner landen. Als wir eure Webseite entdeckten, lag der Abstimmungstag noch in weiter Ferne. Umso spannender war es, euer Kommunikationskonzept durchzublättern oder eure Kampagnenideen anzuschauen. Ob ihr dafür die 30’000 Franken eingesetzt habt, die ihr jährlich von der Stadt Zürich erhält? Anyway, es war süss, wie ihr versucht habt, euch eure eigene Geschichte schönzureden.

Der indische Guru

Wir haben uns gut überlegt, ob wir eure Dokumente tatsächlich veröffentlichen sollen. Und sind zum Schluss gekommen: Nein, das lohnt sich nicht. Zu viel Aufmerksamkeit. Als dann aber euer Ton immer gehässiger wurde und ihr uns und unseren Klub fortwährend beleidigten, ja dann wurde es uns doch zu bunt. So viel Stolz haben wir dann doch noch, selbst wenn es uns angeblich in Zürich nicht mehr gibt und wir schon bald von einem indischen Guru aufgekauft werden.

Doch keine Angst, die Bilder eurer Gründungssitzung bleiben verborgen. Ebenso eure Namen. Wir habens nicht so mit mittelalterlichem Pranger. Obwohl - wer unerlaubterweise Fotos von obengenannten Gegnern schiesst, der hätte eigentlich selbiges verdient. Lassen wir aber. Für uns Fussballfans ist es schliesslich ein bezauberndes Gefühl, dass es doch noch Menschen gibt, die unser Niveau unterbieten.

Vermummt durch Zürich-West

Wir hätten halt einfach nicht gedacht, dass aus euch lieben Gartentanten und Pizzabäckern so aggressive Fanatiker werden. Das ging ja ganz schnell. Wo vor wenigen Jahren noch gemeinsame Eintracht herrschte und wir zum Choreomalen auf die Brache gebeten wurden, haben sich die pragmatischen und fussballaffinen Leute aus eurem Verein verabschiedet. Nachgerückt sind Menschen, die vermummt die Pfingstweidstrasse runterfahren. Okey, zugegeben, nicht der Verdeckung einer Straftat wegen, sondern aus Angst vor Verkehrsschadstoffen.

Als dann plötzlich Lokalpolitiker an euren Sitzungen auftauchten, gings erst richtig los. Obwohl noch kaum je auf der Brache anzutreffen (O-Ton aus der Nachbarschaft), waren sie willens, das Stadionprojekt abzutischen. Als ihr dann auch noch mit dem vom Grasshopper Club Zürich eingekleideten FC Stadionbrache gegen das Stadion warbt, hattet ihr die maximal erlaubte Stufe an Dummheit längst überschritten. Wie naiv wir doch waren, als wir GC-Fans die Idee für dieses Sponsoring hatten.

Nun gut, lasst uns nicht nachtragend sein. Wir haben ja bekanntlich gewonnen. Als Rekordsieger wissen wir, wie man auch im Siegen Grösse bewahrt. Ob ihr auch gute Verlierer seid, ja, da haben wir unsere berechtigten Zweifel. Noch vor einem Jahr erzählte euch eine Vertreterin der IG Hardturm stolz, wie stark die Stadioninvestoren auf ihre Bedürfnisse eingingen. Widerstand? Kaum zu erwarten. Und dann, wenige Monate später die überraschende Kehrtwende. Ob der IG Hardturm die Anzahl an Bäumen nicht gefiel, die in der Zwischenzeit erhöht wurde? Eure Einsprachen jedenfalls sind schon geschrieben. Möglichst viele heisst es da.

Exil im Wallis

Genug des Blossstellens. Was wären wir GC-Fans schon ohne eine noble Geste. Den von Stadtrat Daniel Leupi (ja genau, das ist der Mann, den ihr teeren und federn wolltet) netterweise angebotenen Ersatzstandort für eure Brache habt ihr bekanntlich dankend abgelehnt. Geflüchtete und Sexarbeiterinnen - so eine Frechheit, das kann man euch zarten Pflänzchen doch nicht antun!

So haben wir uns auf die Suche gemacht. Ein verkehrsfreier Ort, umsäumt von Blumen und Bäumen, mit Bienen, Hühnern und Ameisen, daneben Grossstadtfeeling, Kino, Theater, urban halt: St.German im Wallis! Okey, wir haben etwas geschummelt. Statt urbane Architektur grüssen euch die Bergspitzen des Alpjuhorn, Christehorn und Ergischhorn (Achtung, Schattenwurf), und die Strasse hinauf kommt nur, wer ein Offroader fährt. Das eigentliche Prunkstück liegt aber hinter dem Dorf. Grünfelder, so weit das Bracheeauge reicht. Und sollte euch das Querulantenleben doch fehlen, dann steht euch mit der Neat ein ehrgeiziges Grossprojekt vor der Nase.

Zum Schluss wünschen wir euch von Herzen alles Gute und hoffen, dass ihr vor lauter Wut und Verbitterung euren Humor wieder findet. So verschieden sind wir ja gar nicht. Mit Tomaten lässt sich schliesslich auch Fussball spielen.